Die Martinskirche als Evangelische Pfarrkirche

Nach der Reformation und der Auflösung des Augustiner-Chorherrenstifts war die Martinskirche eine Pfarrkirche wie viele andere in Württemberg, von denen sie sich durch kaum etwas unterschied.

Wie in anderen Kirchgemeinden mit vergleichbarer Größe hatte die Martinskirche im 17. und 18. Jahrhundert zwei Pfarrstellen, allerdings war in der Endphase des Dreißigjährigen Krieges von 1635 bis 1649 nur eine dieser Stellen besetzt.

Eine Besonderheit bestand darin, dass der Stiftsbezirk mit der Kirche nach wie vor nicht zur Stadt gehörte, sondern unmittelbar unter herzoglicher Herrschaft stand. Aber diese administrative Eigenheit war für den kirchlichen Alltag, in dessen Mittelpunkt die Seelsorge für die Stadt stand, ohne Bedeutung.

 

Umbau der Martinskirche ab 1576

In seiner Chronik hat Georg Reipchius (Sindelfinger Pfarrer von 1553 bis 1598) unter dem 23. Jul. des Jahres 1576 folgende Notiz eingetragen: »… ist der Chor in der Kirch abgebrochen«.

Zwei Wochen zuvor hatten Bürgermeister, Gericht und Rat sowie Pfarrer Reipchius über den schlimmen Zustand der Martinskirche geklagt: Die Kirche sei, so stellten sie fest, »zimlich fünster und gegen uffgang der sonen wenig helle … unter dem chor ain tiefe Gruft ist, so mit brittern verschlagen, daraus in nassem wetter ain verdumpfner ungesunder luft sich erzeigt, auch sich in bemelter cruft allerlay unziffer von Gewürmen sehen last …«

Die herzoglichen Räte Hippolit Resch und Lorenz Schmidlin begutachteten die Kirche und empfahlen daher: Der Hochchor über der Krypta sei abzureißen, ein Teil der Fenster solle vergrößert und einige neue ausgebrochen werden. Das Dach müsse repariert werden. In den Kirchturm soll eine Wendeltreppe eingebaut werden, damit eine Stiege an der Südseite wegfallen kann.

Das Fazit der Räte lautete: Nach dem Umbau werde es »ain feine lustige weite helle kürch geben und dem stättlin ain sonderne wolstand und zier sein«.

 

Der Umbau begann am 20. Juli 1576

Während der Bauarbeiten wurde u.a. die Unterkirche unter dem Hochchor zugeschüttet, die Kryptafenster wurden wieder zugemauert, zur Sakristei wurde ein neuer Gang mit einer Treppe gebaut, die Kanzel wurde am mittleren nördlichen Pfeiler angebracht, der Taufstein kam an einen anderen Ort, in der Mittelapsis wurde das Fenster nach unten vergrößert, Fenster in der Südwand wurden zu einer Tür umgewandelt oder vergrößert und vieles mehr.